Chinesisches Porzellan

Tee und Porzellan sind seit alters her immer im Zusammenhang betrachtet worden. Porzellan gehörte für die ersten europäischen Abenteurer, die mit ihren Segelschiffen die fernöstlichen Küsten ansteuerten, zu den begehrtesten Artikeln. Zusammen mit Tee, Gewürzen und Seide bildete das "Weiße Gold" die Basis für den ersten Weltfernhandel.
Die Geschichte des Porzellans ist genauso aufregend wie die des Tees - oftmals überschneiden sich hierbei die Schicksale der Beteiligten... Teekultur ohne Porzellan ist in der fernöstlichen und in der westlichen Welt undenkbar.

Klassiker in Blau-Weiß - Ching Te Chen-Porzellan aus Jianxi

Das weltweit bekannteste China-Porzellan ist das berühmte Blau-Weiß-Porzellan, in China vor allem als Ching Te Chen-Porzellan bekannt. Der chinesische Name geht auf den Standort der größten und berühmtesten Manufakturen für dieses Porzellan in der Provinz Jianxi zurück. Die meisten Dekors von Ching Te Chen sind zu Klassikern geworden. Beim Blau-Weiß-Porzellan handelt es sich um eine blaue Unterglasurmalerei auf weißem Grund, die erstmals in der Zeit der Yuan-Dynastie (Mongolenfremdherrschaft) um 1280-1368 aufkam. Marco Polo war einer der ersten Nichtchinesen, der diese zauberhaften Porzellane kennenlernen durfte und von ihnen begeistert war. Bereits 200 Jahre später in der Ming-Dynastie war Blau-Weiß-Porzellan das populärste Alltagsgeschirr in China, welches auch in nicht unbeträchtlichen Mengen außerhalb Chinas exportiert wurde. Ähnlich wie beim Tee hatte der Kaiser das alleinige Monopol zum Außenhandel mit Porzellan. Europäische Händler, die in den Besitz des begehrten Porzellans kommen wollten, mußten sehr hohe Kaufpreise akzeptieren. Porzellan blieb daher in Europa lange Zeit ein absolutes Luxusgut, nur an Königshöfen in größeren Sammlungen anzutreffen, die damals wertvoller waren als Gold- und Silberkunsthandwerk.

Die wertvollen Sammlungen waren gleichzeitig Vorlage für die Entwicklung des europäischen Porzellanmanufakturwesens. Die Sammlungen der V.O.C. (Niederländische Ostindiengesellschaft) dienten als Vorlage für das berühmte Delfter Porzellan. Am preußischen Königshof wurde die Königlich Preußische Porzellanmanufaktur (kurz: KPM) gegründet, deren erste Produktionslinien an Schätzen aus China orientiert waren und letztendlich basiert die weltberühmte Meißener Porzellanmanufaktur auch auf der Sammelleidenschaft der sächsischen Könige.
Zahlreiche Impulse wurden durch das Blau-Weiß-Porzellan auch im asiatischen Raum vermittelt. Die berühmten Manufakturen Arita und Norita in Japan, die Porzellanmanufakturen in Siam (Thailand), Annam (Vietnam) und an den Höfen der malaiischen Sultanate nahmen sich allesamt das chinesische Blau-Weiß-Porzellan zum Vorbild.

Der Grund für die außerordentliche Popularität dieses Porzellans ist sehr einfach: nur ein Brennvorgang genügt, um die Farbe auf dem Untergrund zu fixieren. Der Farbstoff Blau wurde aus der in China (vor allem in Yunnan, Zhejiang und in Jiangxi) massenhaft vorkommenden Kobaltoxid-Erde gewonnen. Um andere Farben herzustellen, waren die Anstrengungen ungleich höher. Diese berühmte Kobalterde, von den Chinesen Su-Ni-Po genannt, gab es in den verschiedenen Perioden in ausgesprochen unterschiedlichen Mengen. Je nachdem, ob es ein Kaiser verstand, die Bezugsquellen für dieses Mineral an sich zu binden oder nicht, waren die Porzellane, die unter seiner Herrschaft gefertigt wurden mit einer hochwertigeren (dunkelblauen = kobaltoxidreichen) Glasur oder einer minderwertigen (hellblauen = kobaltoxidarmen) Glasur versehen. Besonders geschätzt waren die sogenannten Ching Te Chen-Porzellane aufgrund ihrer tiefblauen Glasuren und meisterhaften Verarbeitung. Der Anteil von dem farbgebenden Mineral war hier bei ca. 6 Prozent.

Das Bemalen der sogenannten Biscuits (Porzellan-Rohlinge) war eine äußerst delikate Angelegenheit - ähnlich der Fresko-Malerei mußte jeder Strich sitzen, ein Nachbessern war nicht möglich... Meist wurden für das Bemalen speziell ausgebildete junge Frauen herangezogen, die mit sicherem Duktus tagein tagaus die komplizierten und aufwendigen Muster aufmalten. Nach dem Bemalen wurden die Biscuits noch einmal mit einer durchsichtigen Lasur bestrichen und abschließend gebrannt. Die Lasur schmolz auf und die bis zum Zeitpunkt des Brennens noch rötlichbraunen Malereien färbten sich durch die Hitzeeinwirkung tiefblau... Ganze Wälder wurden für die Brennöfen verheizt. Bis 1949 wurde traditionell Holzkohle verwandt um die Brenntemperatur zu erreichen. Jetzt erledigen moderne Elektro-Öfen diesen Brennvorgang in kürzerer Zeit.

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In China werden drei Blütezeiten und eine Nachblütezeit des Blau-Weiß-Porzellans unterschieden:

Die Hsuan Te-Periode (1326-1435) - geprägt durch die berühmten Drachen-Motive, die in satten Blautönen unter stark glänzenden, dick aufgetragenen Glasuren auf Schalen, Vasen (die berühmten "Mei Ping"-Vasen), Flaschen und Platten prangen. Ebenfalls oft genutzt wurden Motive mit Wassersymbolen (Lotus, Fische, Wellen), die speziell für das Zeremoniell in den buddhistischen Tempeln und Klosteranlagen gefertigt wurden. Später kamen durch intensive Handelsbezihungen des Kaiserhofs zu Persien auch Einflüsse aus dem Orient hinzu. Öfter erschienen jetzt auch die im Mittleren Osten häufig anzutreffenden Granatapfelblüten, der Vogel Phönix und das sogenannte Lilienmotiv auf chinesischem Blau-Weiß-Porzellan dieser Periode.

Die Cheng Hua-Periode (1465-1487) - gilt als die Hauptblütezeit des Blau-Weiß-Porzellans. Die traditionellen Motive wurden in dieser Zeit von meisterhaft zeichnenden Manufakturen ausgeführt. Nie zuvor war die Linienführung exakter, die Struktur der Malereien sicherer als in dieser kurzen Zeit. Kennzeichnend für diese Periode war eine gewisse Verspieltheit der Motive, ein fast schon barock ausuferndes Wiederholen von komplizierten Schwüngen, die dem Porzellan einen eigenartigen Reiz verliehen. Am Kaiserhof herrschte mit Kaiser Cheng Hua ein Dilettant in Staatsdingen, der mehr Zeit mit seinen Gespielinnen und "Beratern" verbrachte als sich um Staatsdinge zu kümmern. Er förderte einen ausschweifigen Lebensstil am Hofe, der sich auch in der Porzellanmalerei niederschlug. Feinere Linien ersetzten nach und nach den kraftvollen monochromen Duktus aus der Hsuan Te-Periode. Für religiöse Zwecke wurde nur wenig gefertigt - das meiste war sogenanntes "Palast-Porzellan", geschaffen nur für einen Zweck: den Kaiser zu erfreuen. Typische Motive dieses Palast-Porzellans waren Chrysanthemen, Päonien und Lilienblüten.

Die Cheng Te-Periode (1506-1521) - war stark geprägt von den moslemischen "Beratern" Kaiser Cheng Tes, welche die Staatsgeschäfte maßgeblich beeinflußten und auch die Außenbeziehungen Chinas zum Orient stark aktivierten. Nie war der Einfluß islamischer Ideen und der orientalischen Kultur am chinesischen Kaiserhof größer - man spricht beim Blau-Weiß-Porzellan dieser Periode auch vom "Mohammedanischen Blau". Typische Muster dieser Periode waren in arabischer Kalligraphie ausgeführte Sinnsprüche bzw. Suren des Koran, vor allem für den Export in die orientalischen Länder Mittelasiens und Vorderindiens bestimmt.

 Ebenfalls wurden zahlreiche persische Inschriften für den Schah von Persien auf Blau-Weiß-Porzellan verfaßt. Neben den orientalisch geprägten Motiven wurde aber auch in dieser Periode Porzellan mit typisch chinesischen Themen gefertigt. Neben den traditionellen Motiven traten jetzt auch die in der Gegenwart sehr beliebten Wa-Wa-Motive auf. Hierbei handelt es sich um Szenen aus dem tägliche Leben, meist spielende Kinder oder tanzende Mädchen.

Die Chia-Ching-Periode (1522-1566) wird nicht mehr zur klassischen Blütezeit des Blau-Weiß-Porzellans gerechnet, obwohl auch in dieser Periode meisterhafte Porzellane gefertigt wurden. Vom quantitativen Ausstoß her war diese Periode die ergiebigste. Massenhaft wurde Blau-Weiß-Porzellan gefertigt und auch in nennenswerten Größenordnungen außer Landes verkauft. Der Stil verflachte allerdings auf Kosten dieser immensen Massenproduktion, die unter den recht eigenwilligen Bedingungen des Manufakturwesens immer mehr zu einem wirtschaftlichen Balanceakt ausartete. Der Druck auf die Manufakturen war immens - oft wurden minderwertige Materialien und eine nur wenig Farbintensität ausstrahlende Kobalterde verwandt, so daß die Porzellane dieser Periode einen eigentümlichen Grauschimmer aufweisen.

Typisch für diese Periode waren neben traditionellen Themen sogenannte taoistische Motive, da Kaiser Chia Ching ein eifriger Anhänger dieser Religion war. Taoistische Symbole (Schriftzeichen, Pfirsich und Ling Zhi-Pilz als Symbole für taoistische Ideale, die berühmten 8 Trigramme des I-Ching (Unsterblichkeitssymbole), Yin-Yang-Symbole usw.) wurden kunstvoll in klassische Dekors eingearbeitet. Auch neue Formen (wie zum Beispiel hexagonale und oktagonale Vasen, Teekannen und Schalen) wurden in dieser Zeit entwickelt.

Bis heute werden die Motive und Formen der klassischen und nachklassischen Perioden in der chinesischen Porzellanindustrie genutzt und variiert. Die meisten Teeporzellane (Kannen, Teeschalen, Deckelbecher, Chongs) haben ihren Ursprung in Formen und Mustern dieser Zeit. Ob es sich hierbei um preiswertes Reiskorn-Porzellan oder um hochwertiges Jianxi-Porzellan handelt - allen gemeinsam ist eine Formensprache, die vor knapp 600 Jahren entwickelt wurde.

Abrupt endete die Blütezeit des Blau-Weiß-Porzellans um 1600. Inzwischen hatte sich mit den mandschurischen Qing-Generälen eine neue Dynastie auf dem Kaiserthron etabliert. Die Ming-Ära, oft auch als Chinas "Goldenes Zeitalter" beschrieben, endete mit Aufständen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen im ganzen Reich. Auch die kaiserlichen Porzellanmanufakturen von Ching Te Chen wurden in dieser Zeit Opfer eines Aufstands. Die ca. 10000 Arbeiter der Manufakturen erhoben sich unter Führung des berühmten Tung Bin und stürmten die Werkstätten, brannten alles nieder und zerstörten die Brennöfen. Tung Bin wurde zum Märtyrer nach der Niederschlagung des Aufstands, die meisten Teilnehmer des Aufstands wurden in die Glutwüsten von Sinkiang in Nordwestchina verbannt.

Mit dem Niedergang der Ching Te Chen-Manufakturen setzte der Aufstieg anderer Porzellane ein.

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Rosenporzellan, Eierschalen & Co.

In der Zeit der Ching-Dynastie setzte zunächst ein Niedergang der klassischen Porzellanmanufakturen ein, ausgelöst durch die hohe Besteuerung der Manufakturen und die Aufstände der Manufakturarbeiter. Ching Te Chen fiel für lange Zeit als kaiserliche Porzellanmanufaktur aus. Andere Manufakturen, vor allem im Bergland von Jiangxi (Kiangsi) bekamen jetzt größere Wichtigkeit für den Kaiserhof. Neue Muster und neue Farben tauchten auf. Bekannt sind vor allem die sogenannten Rosendekore und die stark farbigen Meishi-Porzellane, die nun verstärkt produziert wurden. Blau-Weiß-Porzellan wurde natürlich auch noch gefertigt, aber die Qualität und die Mengen erreichten nicht mehr das Niveau der Ming-Dynastien. Ebenfalls in dieser Zeit wurden die berühmten "Egg Shells" (Eierschalen) erstmals produziert - hierbei handelt es sich um hauchzarte Schalen, die vor allem durch ihre dünnen Wandungen und feinen aquarellartigen Bemalungen beeindrucken.

Eierschalenporzellan wurde nach dem Brennen erst bemalt. Der Farbauftrag erfolgte mit sehr feinen Pinseln, dennoch bildete sich eine reliefartige Oberfläche aus. Nochmaliges Nachbrennen fixierte die Malereien auf der dünnen Wandung. Diese Schalen gelten bis heute noch als begehrte Sammlerobjekte, für die Höchstpreise auf Auktionen gezahlt werden. Je nach Bekanntheitsgrad des Künstlers, der die Bemalung auf den Schalen ausführte, gehen die Preise von ca. 23 € bis ins Unerschwingliche... Tee kann man aus diesen Schalen natürlich nicht so richtig genießen - zu groß ist die Angst vor der Zerstörung des dünnwandigen Porzellans.

Ebenfalls in dieser Zeit wurden verstärkt kleine Statuen von Buddha, Guanyin und den zahlreichen Hausgöttern aus Porzellan gefertigt. Für die Dekoration von Teehäusern wurden zahlreiche naturalistische Szenerien aus Porzellan gefertigt: Wasserschalen, die mit künstlichen Wasserfällen versehen waren, Porzellanbäumchen auf denen Porzellanvögel saßen, Fischer, die am Rande großer Wasserbecken Porzellanfische angelten, Tai Ji- Meister in den verschiedenen Posen und vieles mehr. Diese neuen, naturalistischen Ausdrucksformen brachten erneut einen großen Aufschwung der chinesischen Porzellanherstellung. In den wieder aufgebauten Manufakturen von Ching Te Chen wurden jetzt vor allem individuelle Meisterstücke gefertigt, die als Auftragswerke einzelner Hofbeamter oder reicher Mandarine ausgeführt wurden. Es bildeten sich verschiedene Schulen heraus, die nach den jeweiligen Namen des Superindenten (vom Kaiser eingesetzten obersten Verwaltungsbeamten der Manufaktur) benannt wurden: Tsang Ying Hsuan, Nien Hsi Yao, Tang Ying und Kang Hsi sind solche spezifischen Schulen.

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Vom Niedergang und der Wiederauferstehung des chinesischen Porzellans

Am Anfang des 20. Jahrhunderts gelangte China aufgrund seiner desolaten innenpolitischen Lage (der große Taiping-Aufstand, auch "Boxer-Aufstand" genannt, war gerade vorüber) immer mehr unter den Einfluß ausländischer Mächte. Im Norden geriet die Mongolei und Teile der Mandschurei unter russischen Einfluß, die großen chinesischen Hafenstädte wurden "internationalisiert" und zahlreiche Zugeständnisse mußten vom Kaiserhof an die Japaner gemacht werden infolge des Chinesisch-Japanischen Kriegs (u. a. die Abtretung Taiwans an Japan). Massenweise konnte jetzt ausländisches Kapital in China einströmen und so traditionelle Strukturen zerstören. Besonders die Porzellanindustrie war von diesen Veränderungen stark betroffen. China-Porzellan bekam Konkurrenz im eigenen Land!

Zahlreiche private Investoren, vor allem aus Japan, Deutschland, Großbritannien und den USA ließen in China Billigporzellan nach westlichem Vorbild herstellen, um dieses dann als "China-Porzellan" auszuführen und die Weltmärkte damit zu überschwemmen. Mit dem Preisverfall ging natürlich auch ein Niedergang des traditionellen Manufakturwesens in China einher. Billiges Industrieporzellan ersetzte die aufwendigen, handgefertigten Manufakturporzellane. Selbst in China wurde mehr ausländisches Industrieporzellan (vor allem aus Japan und Korea) verkauft als einheimisches Manufakturporzellan. Die Manufakturen von Ching Te Chen waren Ende der 30er Jahre verwahrloste Orte ohne Menschen

Lange Jahre war es danach ruhig um Meisterporzellan aus China - erst seit wenigen Jahren wird wieder klassisches Manufakturporzellan in Ching Te Chen und Umgebung gefertigt. Dieses qualitativ sehr hochwertige Porzellan hat es natürlich sehr schwer, sich am Markt gegen die übermächtige Konkurrenz an Billigporzellanen durchzusetzen, aber Qualität zahlt sich letztendlich aus... Heute wird klassisches Blau-Weiß-Porzellan in Ching Te Chen wieder nach traditioneller Art und Weise gefertigt. Strahlend weißes Porzellan, leuchtendes Blau, saubere Oberflächen ohne Brüche und Einschlüsse, paßgenaue Deckel zeichnen diese Porzellankannen, Schalen und Tassen aus - die Dekors sind vor allem aus der klassichen Ming-Zeit entlehnt. Teetrinken wird durch diese Porzellane zu einem besonderen Genuß fürs Auge.

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