Tee aus Vietnam - ein "Riese" erwacht zu neuem Leben

Nach den Kriegswirren kultiviert Vietnam wieder Schwarz- und Grüntees
Thai Nguyen - kaiserlicher Grüntee aus Nordvietnam
Besonderheiten vietnamesischer Grüntees
Ein kritischer Blick auf den vietnamesischen Teeanbau

Nach den Kriegswirren kultiviert Vietnam wieder Schwarz- und Grüntees

Vietnam, früher ein Teil der französischen Kolonie Indochina, blickt auf eine lange Tradition des Teeanbaus zurück. Durch die Kriegswirren, die das Land seit mehr als 50 Jahren permanent belasteten, hat sich das einstmals blühende Land in ein Armutsgebiet verwandelt. Erst seit Beginn der 80er Jahre konnte sich die desolate Situation im Lande stabilisieren und seitdem wird auch systematisch mit der Rekultivierung der alten Anbauregionen begonnen. Während der Norden des Landes auf eine traditionelle, mehr als 800 Jahre alte Teekultur auf Basis klassischer Grünteesorten zurückblicken kann, die vor allem von den nördlichen Nachbarn aus China beeinflußt und maßgeblich geprägt wurde, findet man im Süden Tee erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts. In Südvietnam waren es vor allem französische Kolonialisatoren, die im Bergland von Can Tho seit 1825 Schwarztee kultivierten. Vietnam gehört damit zu den wenigen Ländern, die sowohl Schwarz- als auch Grüntee gleichberechtigt anbieten können.

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Thai Nguyen - ein kaiserlicher Grüntee aus Nordvietnam

Am alten Kaiserhof von Annam (alter Name von Vietnam) wurde bereits lange vor Ankunft der Franzosen Tee getrunken. Die Teegärten, die den kaiserlichen Tee anbauten, befanden sich im Bergland hinter Hanoi. Der berühmteste dieser kaiserlichen Grüntees war ein Tee namens Thai Nguyen - seine Gärten gehörten mit zu den großen Kostbarkeiten dieses einstmals reichen Landes. Das schön gearbeitete, dunkelgrüne Blatt erinnert an feine Chinatees, der Duft ist gemüsig, an Mangold erinnernd, die Tasse leuchtet angenehm grün-gelb... Seit kurzem wird dieser feine Tee wieder den Teekennern angeboten. Ein vietnamesisch- japanisches Joint Venture zur Rekultivierung alter Anbauflächen hat auch den Thai Nguyen wiederbelebt.

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Besonderheiten vietnamesischer Grüntees

Die japanische Teeindustrie hat großes Interesse an den in Vietnam erzeugten Grüntees um so den wachsenden Bedarf des Inselreichs mit preiswerten Sorten abdecken zu können. In Vietnam werden daher gegenwärtig sehr viele Grüntees im japanischen Stil erzeugt. Diese sencha- und banchaähnlichen Sorten kommen auch immer stärker auf den europäischen Markt und verdrängen peu a peu die teuren japanischen Tees. Allein in Deutschland werden so jährlich über 1200 Tonnen vietnamesischen Grüntees umgesetzt ohne das die meisten Verbraucher es merken. Die meisten Basistees für die in Teeläden inzwischen sehr zahlreich angebotenen Aroma-Grüntees stammen aus Vietnam - das Blatt sieht den japanischen Senchas und Banchas zum Verwechseln ähnlich und hat auch einen artverwandten Geschmack.

Doch nicht nur den japanischen Grüntees nachempfundene Teesorten werden inzwischen in Vietnam erzeugt - auch chinesischen Klassikern täuschend ähnliche Tees ( z. B. Vietnam Gunpowder, Vietnam Chun Mee, Vietnam Loong Tseng) werden über die staatliche Teehandelsgesellschaft VINATEA im großen Stil nach Europa verkauft. Die Preise sind deutlich unter den marktüblichen Preisen für die jeweiligen Sorten angesetzt, so daß hier eine ebenso "stille" Verdrängung stattfindet wie bei den Japantees. In den meisten Asiamärkten findet man inzwischen vietnamesische Tees, auch Jasmintee und Lotustee gehören zum Standardsortiment vietnamesischer Produktion. Vietnam ist daher von den exportierten Mengen ein "Riese", spielt aber als konservatives Herkunftsland mit Teetradition bisher noch keine große Rolle. Doch ein Hoffnungsschimmer ist in Sicht - immer mehr Teefachhändler bieten gute Qualitätstees aus diesem exotischen Land auch unter ihrem Namen an, wie zum Beispiel den Thai Nguyen.

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Ein kritischer Blick auf den vietnamesischen Teeanbau

Jeder hat noch die schrecklichen Bilder der von Napalm verbrannten Dörfer und Felder im Gedächtnis, die in den 70er Jahren um die Welt gingen. Neben Napalm, Brandbomben und anderen schrecklichen Tötungsmethoden hatten die US-Amerikaner auch erstmals den massenhaften Einsatz biologisch aktiver Kampfstoffe (wie z.B. das hochwirksame Gift "Agent Orange") zu vermelden. Ganze Landstriche des fruchtbaren Gebiets wurden daraufhin zu tödlichen Fallen: Entlaubungsmittel zerstörten den Pflanzenbewuchs, Pilzinfektionen ließen landwirtschaftliche Nutzflächen veröden und Kontaktgifte sollten die im Dschungel operierenden Viet Cong- Rebellen (die Befreiungsarmee) ausschalten. Nachdem 1973 die US-Amerikaner ihr "Engagement" in Vietnam beenden mußten, hatten die Menschen in diesen Regionen noch auf Jahre hinweg unter den Folgen dieser pervertierten Kriegsführung zu leiden. Alle Versuche einer landwirtschaftlichen Nutzung schlugen fehl - die Schadstoffbelastung war zu hoch. Vietnam mußte auf Jahre hinaus Lebensmittel importieren, auch der Tee wurde aus China gekauft.

Natürlich haben speziell die vietnamesischen Teebauern mit der hohen Schadstoffbelastung, die durch den Einsatz dieser Gifte immer noch im Boden sind, zu kämpfen. Eine sorgfältige Kontrolle der Erntemengen auf Rückstände wie z. B. Pestizide, Herbizide und Fungizide seitens der Produzenten und auch seitens der Händler ist daher bei Vietnamtees oberstes Gebot. Schrittweise konnte das Niveau der angebauten Tees so an das weltmarktübliche herangeführt werden, obwohl noch immer große Anstrengungen erforderlich sind, um eine gleichbleibende Qualitätsstruktur zu gewährleisten. Erfolgversprechende Versuche bei der Vermarktung höherwertiger Sorten sind noch sehr wenige festzustellen - dennoch ist Vietnam inzwischen wieder zurück im Reigen der teeproduzierenden Länder.

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